SAP Carve-Out – wissen, wie man sich trennt

Carve-out, Spin-off oder Split-off? Es gibt verschiedene Methoden, Unternehmensteile abzuspalten. Ein solches Mergers & Acquisitions-Projekt stellt nicht nur hohe Anforderungen an die Zusammenarbeit der Projektpartner, sondern ist auch eine technische Herausforderung. Dieser Beitrag geht insbesondere auf die beiden wesentlichen SAP-Carve-out-Varianten der Datenübertragung und die damit verbundenen Prozesse ein.
„Das einzig Beständige im Leben ist der Wandel.“ Das berühmte Zitat von Heraklit beschreibt die Herausforderungen von Unternehmen in einem sich ständig weiterentwickelnden Ökosystem technologischer Innovationen und wirtschaftlicher Veränderungen. Die Akquisition, die Ausgliederung oder der Verkauf eines Unternehmensteils ist ein Weg, um sich an die sich ändernden Bedingungen anzupassen und die Transformation eines Unternehmens zu unterstützen.
Carve-out, Spin-off oder Split-off?
Bei einem Carve-out im Rahmen von Merger & Acquisitions (M & A) erhält das Mutterunternehmen, das Teile seines Geschäfts verkauft, Geld. Das ist in der Regel der Hauptgrund für diese Entscheidung. Bei einem Spin-off hingegen verteilt das Mutterunternehmen die Anteile der ausgegliederten Tochtergesellschaft an seine bestehenden Aktionäre. Hier fließt kein Geld zum Mutterkonzern. Bei einem Split-off entscheiden die Aktionäre, ob sie ihre Anteile an der Muttergesellschaft halten oder einige oder alle der in der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile gegen Anteile an der Tochtergesellschaft eintauschen möchten.
Technische Aufteilung große Herausforderung
Unabhängig davon, welche Art von Fusion und Übernahme im Projekt verwendet wird, sind die technischen Prozesse der Systemaufteilung für die meisten Unternehmen eine große Herausforderung und der Schlüsselfaktor, der eine schnelle Änderung der Eigentumsverhältnisse eines Unternehmens begrenzt.
Statistiken über M-& A-Projekte belegen, dass Carve-outs zunehmend an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig sind IT- und SAP-Systemlandschaften in den vergangenen Jahren immer komplexer geworden. Eine Vielzahl von Systemen, unklaren Verantwortlichkeiten und verschiedenen Lizenzmodellen erfordern eine klare Analyse der Systemarchitektur und des Umfangs des technischen SAP-Carve-outs.
Der technische Carve-out besteht aus zwei Kernkomponenten: dem Kopieren der SAP-Anwendung selbst und der Migration der Anwendungsdaten, die sich auf das veräußerte Geschäft beziehen. Dies umfasst in der Regel den gesamten Satz historischer Transaktionsdaten.
Systemkopie und selektiv Daten löschen
Der einfachste Ansatz, ein SAP ERP-System auszugliedern, besteht darin, es zu kopieren und die nicht relevanten Daten selektiv zu löschen. Auf diese Weise kann sehr schnell ein funktionsfähiges System bereitgestellt werden. Käufer und Verkäufer können ihre Investition beziehungsweise De-Investition präzise umsetzen.

- Im ersten Schritt wird ein neues System erstellt, indem eine Systemkopie verwendet wird, die alle Daten, Anpassungen und Repository-Objekte enthält.
- Im nächsten Schritt wird das System basierend auf zentralen Filterkriterien und Löschbedingungen analysiert, das sowohl sensible Daten als auch unternehmensspezifische kritische Geschäftsbereiche abdecken kann. Meistens wird der Company Code verwendet, um die kritischen Datensätze zu identifizieren.
- Schließlich werden die Stamm- und Transaktionsdaten, die nicht als Teil der Carve-out-Masse definiert sind, gelöscht sowie die Überprüfung und Freigabe des Systems durchgeführt.
Client Copy und selektive Datenübernahme
Die zweite Methode beruht auf dem Prinzip der selektiven Datenübertragung. Sie besteht in einer leeren Systemkopie, kombiniert mit einer carve-out-spezifischen Datenmigration. Der Vorteil der selektiven Migration besteht darin, dass sensible Daten das System nicht ungeprüft verlassen und die Verkäufer mehr Kontrolle über den Datenfluss haben. Gleichzeitig kann mit generativen Ansätzen der Aufwand für den technischen Carve-out eines SAP ERP-Systems im Vergleich zu typischen Datenmigrationen, wie sie häufig in einem Greenfield-Projekt für eine SAP S/4HANA-Implementierung durchgeführt werden, erheblich reduziert werden.

- Im ersten Schritt werden die Daten anhand frei definierbarer Kriterien und systematischer Algorithmen identifiziert, die weitere Abgrenzungen schaffen und somit die relevanten Daten erkennen.
- Während ein Zielsystem mithilfe einer leeren Systemkopie eingerichtet wird, können die erkannten Daten über Dateiimport und -export in das System geladen werden.
- Das erstellte System kann vom Käufer und Verkäufer des Carve-outs überprüft und akzeptiert werden.
Beide Ansätze haben ihre Berechtigung. Jedoch ist der zweite Ansatz der selektiven Datenübernahme flexibler und einfacher zu steuern. Es lassen sich technische Verbesserungen wie Upgrades und Prozessänderungen einbeziehen. Zudem kann man besser kontrollieren, welche Daten aus der Landschaft des Verkäufers in die des Käufers übertragen werden.
Carve-out – ein umfangreiches Transformationsprojekt
Zusätzlich zur Transformation der SAP ERP-Landschaft stellt ein Carve-out weitere Herausforderungen an die gesamte Architektur und Organisation: Wo werden Dokumente gespeichert? Gibt es eine Middleware für Electronic Data Interchange (EDI)? Was passiert mit dem aktuellen CMS-System und sind die alten Drucker überhaupt angeschlossen? Es ist daher ratsam, eine gründliche Planung zu erstellen und die Quell- und Zielarchitektur im Voraus genau zu definieren, um eventuelle Abhängigkeiten zu identifizieren und in die Transformationsstrategie einzubeziehen.
Gleichzeitig müssen kritische Daten wie Passwörter, Benutzerdaten oder Kundenadressen genau bewertet werden, inwieweit sie Teil des Carve-outs sind oder nicht. Darüber hinaus sollten Abhängigkeiten von Drittanbieter-Tools und deren Nutzbarkeit im Rahmen sich ändernder Lizenzbedingungen bewertet werden.
Ein von alten Lasten befreites System bietet eine enorme Chance, die Kernprozesse des Unternehmens effizienter mit schlanken Prozessen oder den Möglichkeiten der neuen Zielarchitektur abzubilden. Das trägt entscheidend zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit und langfristigem Unternehmenserfolg bei.
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